Weniger Krankenkassen-Betreibungen dank Schuldenprävention

von redaktion

(Zürich)(PPS) Unbezahlte Krankenkassenprämien sind einer der häufigsten Gründe für Betreibungen in der Schweiz. Eine Gruppe der Betreibungsämter der Stadt Zürich hat nun den Prozess der Lohnpfändung angepasst und dadurch weitere Krankenkassenschulden und eine zusätzliche Belastung des Sozialsystems verhindert. Die Ergebnisse des Pilotprojekts zeigen: Strukturelle Schuldenprävention wirkt schnell, effizient und breitflächig. Das Projekt wird 2020 weitergeführt.

In der Stadt Zürich beruhten im Jahr 2019 über 23 % aller gegen natürliche Personen eingeleiteten Betreibungen auf Forderungen der Krankenkassen (2018: 28,66 %). Das bedeutet, ungefähr jede 4. Betreibung gegen eine natürliche Person stammt von einer Krankenkasse. Von den Personen, die eine oder mehrere Betreibungen erhalten, hat mehr als jede 10. Person (11 %) auch eine oder mehrere offene Forderungen bei einer Krankenkasse. Krankenkassenschulden belasten sowohl die Einzelpersonen wie auch das gesamte Sozialsystem.

Schuldenprävention durch Prozessanpassungen

Bei einer Lohnpfändung ist die Krankenkassenprämie Bestandteil des Existenzminimums – sofern diese bis anhin regelmässig bezahlt wurde. Falls nicht, wird gemäss Rechtsprechung die Monatsprämie durch das Betreibungsamt nur nach Vorweisen eines entsprechenden Zahlungsnachweises rückvergütet. Die Erfahrung zeigt, dass in vielen Fällen keine Zahlungsbelege vorgelegt werden, was letztlich wieder zu neuen Betreibungen führt – mit entsprechenden Gebührenfolgen.

Um der Entstehung neuer Schulden entgegenzuwirken, hat eine Projektgruppe der Betreibungsämter der Stadt Zürich den Umgang mit den Krankenkassenprämien im Prozess der Lohnpfändung angepasst. In Kooperation mit den betriebenen Personen begleicht das Betreibungsamt proaktiv die Krankenkassenprämien aus den eingehenden Lohnquoten (Differenz vom festgelegten Existenzminimum zum Monatslohn). Gesamthaft konnten dadurch im Jahr 2019 Prämien in der Höhe von CHF 669 134.54 bezahlt werden – und entsprechend neue Betreibungen, Verlustscheine und Gebühren vermindert werden. Bei der Projektgruppe sanken im Vergleich zur Kontrollgruppe – den Betreibungsämtern, welche die Krankenkassenprämien nicht aktiv bezahlten – Forderungssumme, Anzahl Betreibungen und Anzahl Betriebene der Gläubigergruppe «Krankenkassen» im Jahr 2019 markant. Darum wird das Projekt im 2020 weitergeführt.

Wichtiger Beitrag zur Schuldenprävention

Um einen langfristigen Ausweg aus den Schulden zu finden, ist es entscheidend, neue Schulden zu verhindern. Dies ist besonders während einer laufenden Lohnpfändung schwierig, da mit dem Existenzminimum wenig Geld zur Verfügung steht. Personen, die bei der Krankenkasse noch keine Schulden haben, können aufgrund der aktuellen Vorgehensweise im Verlauf einer Lohnpfändung leicht in eine weitere Schuldenfalle geraten. Werden die Krankenkassenprämien während einer Lohnpfändung direkt durch die Betreibungsämter bezahlt, verkleinert dies die Gefahr für die Betroffenen, sich weiter zu verschulden. Die Betreibungsämter können damit einen wichtigen Beitrag zur Schuldenprävention leisten, denn das Risiko einer weiteren Überschuldung wird verringert und kontrolliert.

Eine solche strukturelle Schuldenprävention setzt an der Ursache an und erzielt dadurch eine breite Wirkung. Verhältnispräventive Massnahmen könnten dazu beitragen, die Gefahr einer Ver- und Überschuldung durch unbezahlte Krankenkassenprämien zu vermindern. Viele Institutionen und Akteurinnen und Akteure sind in den Prozess von Krankenkassenschulden involviert. Auf allen Ebenen können Prozesse und Strukturen auf mögliche Schuldenfallen überprüft und angepasst werden.

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