Übergangslösung für auslaufende Instrumente des CO2-Gesetzes

von redaktion

Mit 18 zu 7 Stimmen hat die nationalrätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) einen Entwurf für ein Gesetz beschlossen, mit dem befristete Massnahmen des heutigen CO2-Gesetzes bis Ende 2024 verlängert werden. Ohne diese Übergangslösung würde ab 2022 die CO2-Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure fehlen. Zudem könnten sich Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige nicht mehr von der CO2-Abgabe befreien lassen, wenn sie im Gegenzug ihre Emissionen vermindern.

Möglichkeit, auch im Ausland Massnahmen durchzuführen
Kernelement der Vorlage ist die Verlängerung des Ende 2021 auslaufenden Reduktionsziels. Es bildet einen Ankerpunkt für wichtige Klimaschutz-Instrumente. Die UREK-N hat beschlossen, dass die Schweiz bis Ende 2024 ihre Treibhausgasemissionen jährlich um weitere 1,5 Prozent gegenüber 1990 vermindern soll. Dabei hält die Kommission fest, dass drei Viertel der Verminderungen im Inland zu realisieren sind. Sie erachtet es als sinnvoll, dass auch Massnahmen im Ausland angerechnet werden können, um das Reduktionsziel bis 2024 zu erreichen. Aus Sicht der Kommission ist das vorgegebene Ziel realistisch: Es kann mit den bestehenden Massnahmen erreicht werden, sofern die befristeten Instrumente fortgeführt werden.

CO2-Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure
Die Verlängerung des Reduktionsziels macht es möglich, die CO2-Kompensationsmassnahmen für fossile Treibstoffe weiterzuführen. Zusätzlich beantragt die Kommission ohne Gegenstimme, dass der Bundesrat den Kompensationssatz in Zukunft auch abgestützt auf die CO2-Emissionsentwicklung im Verkehr festlegen kann. Sie will damit für mehr Investitionssicherheit sorgen, weil die Treibstoffimporteure so einen Anreiz haben, bereits heute neue Projekte und Programme für die Zeit nach 2024 zu lancieren. Nach wie vor gelten wird die gesetzliche Vorgabe, dass der für die Finanzierung der Kompensationsmassnahmen nötige Zuschlag auf den Liter Treibstoff nicht mehr als fünf Rappen betragen darf. Eine Minderheit möchte den Zuschlag bei 1,5 Rappen deckeln.

Rückerstattung der CO2-Abgabe für Unternehmen
Ohne Gegenstimme spricht sich die Kommission dafür aus, Verminderungsverpflichtungen von Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige bis Ende 2024 zu ermöglichen. Wenn die Unternehmen ihre Emissionen zusätzlich um zwei Prozent pro Jahr absenken, erhalten sie die CO2-Abgabe zurückerstattet. Was die CO2-Abgabe selbst betrifft, fordert eine Minderheit eine Erhöhung auf höchstens 145 Franken pro Tonne CO2 für den Fall, dass die Zwischenziele für Brennstoffe nicht erreicht würden. Weitere Minderheiten verlangen, dass verschiedene Elemente aus der abgelehnten Totalrevision des CO2-Gesetzes in die Vorlage aufgenommen werden: Eine Abgabe für Business- und Privatjets sowie eine Überprüfung klimabedingter finanzieller Risiken durch die FINMA und die SNB.
Die Kommission beschränkt die Gültigkeit ihres schlanken Gesetzesentwurfs auf drei Jahre. 2025 soll dann ein umfassenderes Nachfolgegesetz in Kraft treten, das die längerfristige Klimapolitik der Schweiz bestimmen wird. Als Nächstes wird sich der Nationalrat mit der Vorlage der UREK-N befassen. Ziel ist es, die Schlussabstimmung zum Gesetz in der Wintersession 2021 durchzuführen.

Wie weiter mit der Luftfahrt?
Nach der Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes will die Kommission die zukünftigen klimapolitischen Massnahmen im Flugverkehr umfassend diskutieren. Sie hat deshalb mit 17 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung die Einreichung eines Kommissionspostulats beschlossen. Gefordert wird ein Bericht zur Frage, wie CO2-neutrales Fliegen bis 2050 ermöglicht werden kann. Vor dem Hintergrund der geplanten vertieften Analyse hält es die Kommission nicht für zweckmässig, die Einführung einer Flugticketabgabe oder einer internationalen Kerosinsteuer zu verlangen. Sie lehnt die entsprechenden Standesinitiativen ab mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Verschiedene Minderheiten beantragen, Folge zu geben.

Erneuerbare Energien ausbauen
Die Kommission will den Ausbau von Infrastrukturen zur Produktion erneuerbarer Energien beschleunigen. Mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung hat sie der parlamentarischen Initiative Folge gegeben, die das nationale Interesse an der Realisierung von Vorhaben zur Nutzung erneuerbarer Energien gegenüber anderen Interessen höher gewichten will. Ziel ist es, durch die Vereinfachung der Güterabwägung Bewilligungsverfahren zu beschleunigen und Beschwerdeverfahren gegen den Bau solcher Anlagen schneller zu einem Entscheid zu führen. Auch hat die Kommission einstimmig das Postulat eingereicht, das den Bundesrat beauftragt, einen Bericht vorzulegen über das durch die Gletscherschmelze in den nächsten Jahrzehnten generierte Wasserkraftpotenzial. Im Bericht soll das Potenzial ergebnisoffen ermittelt werden und darauf aufbauend soll erkundet werden, ob Massnahmen zur Nutzung des Potenzials der Gletscherseen sinnvoll sind.

Gesetzesänderung zum Gewässerraum gefordert
Mit 13 zu 12 Stimmen beantragt die Kommission, die Motion 19.4374 anzunehmen. Diese verlangt, dass Gewässerräume verkleinert werden dürfen, wenn landwirtschaftliche Betriebe einen übermässig grossen Anteil ihrer ertragreichen Futterfläche verlieren würden. Mit einer Gesetzesänderung soll der Handlungsspielraum bei der Festlegung der Gewässerräume in den Kantonen vergrössert werden. Nach Ansicht der Kommission ist die landwirtschaftliche Nutzfläche insbesondere in engen Bergtälern durch die geltende Regelung unter Druck. Die Kommission fordert deshalb eine Spezialregelung für jene Betriebe, deren Existenz durch die Festlegung von Gewässerräumen betroffen ist.
Aus Sicht der Minderheit würde die Umsetzung der Motion den Gewässerschutz aufweichen. Pragmatische Lösungen in engen Talböden seien bereits heute möglich. Zudem wäre eine Gesetzesänderung mitten in der Umsetzungsphase höchst problematisch. Die Minderheit verweist darauf, dass die interkantonalen Direktorenkonferenzen LDK und BPUK die Motion zur Ablehnung empfehlen.
Schliesslich hat die Kommission mit 13 zu 11 Stimmen beschlossen, der parlamentarischen Initiative «Verbot der Gratisabgabe von Einwegsäcken» keine Folge zu geben. Der Plastiksackverbrauch ist mittels einer freiwilligen Branchenvereinbarung bereits deutlich reduziert worden. Dieses Vorgehen sei zielführend, argumentiert die Kommission. Es bestehe ausserdem die Möglichkeit, im Rahmen der bevorstehenden Beratungen zur Vorlage «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» ergänzende Bestimmungen einzubringen. Eine Minderheit unterstützt die Initiative.

Die Kommission hat am 23./24. August 2021 unter dem Vorsitz von Nationalrat Bastien Girod (G/ZH) in Zürich getagt. An ihrer Auswärtssitzung im Kanton des Kommissionspräsidenten hat sie die Versuchsanlage eines Solarreaktors für synthetische Treibstoffe der ETH Zürich, das modulare Forschungs- und Innovationsgebäude NEST der EMPA sowie die Kehrichtverwertung Züricher Oberland besucht. Dabei hat sie sich über technische Fortschritte im Energiebereich, in der Gebäudetechnik sowie bezüglich Wiederverwertung von Abfällen und Kreislaufwirtschaft informiert.

Quelle:
Das Schweizer Parlament
www.parlament.ch

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